Trainerperspektiven

Donnerstag, 26. Mai 2005

Macht Freundschaft mutig?

Normalerweise sind die Teilnehmer an Trainings im Hochseilgarten Fremde aus der Sicht des Trainers. Die Personen verhalten sich in der ungewohnten Umgebung entsprechend ihrer charakterlichen Gegegebenheiten, ihrer lebensweltlichen Vorprägung und ihrer Stellung innerhalb der anwesenden sozialen Gruppe.

Wie aber verhält sich eine Gruppe von Teilnehmern, die mit dem Trainer freundschaftlich eng verbunden ist? Entstehen nachteilige Verhaltensweisen durch die mangelnde Distanz zum Trainer? Ist es einfacher gegenüber einem Freund Angst einzugestehen? Oder schafft eine enge Bindung zum Trainer zusätzliches Vertrauen bei der Bewältigung schwieriger Aufgaben?

Ein breiter Feldversuch am vergangenen Wochenende zeigte: Fast jeder meiner Freunde verhielt sich so, wie ich es erwartet hatte. Mit kleinen Abweichungen in die eine oder andere Richtung, aber echte Überraschungen gab es nicht. Die Beziehung zu mir schien für die mutigeren eine untergeordnete Rolle zu spielen.
Die betreffenden Personen zeigten sich wie gewohnt von der coolen Seite oder eben wenig Gefühle.
Anders die ängstlicheren Freunde: Sie schienen mir durch ihr Verhalten 'keine Schande' machen zu wollen und bemühten sich besonders, ihre individuellen Grenzen zu verschieben. Fast als wenn zu befürchten wäre, ich könnte mich später über ihre Angst lustig machen..
Vielleicht haben alle einfach versucht, sich so zu verhalten, wie sie glaubten, meinen Erwartungen am ehesten zu entsprechen?
Dies wäre ein Fazit, das zukünftig gegen solche Unternehmungen spräche, da es bei einem Hochseilgarten-Training nicht um die Beziehung zum Trainer geht, sondern um die Entwicklung der Persönlichkeit, individuell und in der Gruppe.

Mein Glück: Es hat nicht nur mir großen Spaß gemacht, sondern allen Beteiligten.
(Hochseilgarten-Training: Trainer mit Freunden)

Montag, 9. Mai 2005

Hauptschüler auf hohem Niveau

Teamgeist, gegenseitige Verantwortung, Fairness, persönliches Engagement und Mut – nicht gerade typische Eigenschaften von Hauptschülern.
Und es begann auch anders: "Eh, was soll der Scheiss? Das mach ich nich, Aller!", "Das is voll hoch, eh Aller. Ich bin doch nich bescheuert, eh!"
Die Quote der Verweigerer lag unmittelbar vor Beginn des Hochseilgarten-Trainings bei ca. 30%. Dann kamen die Trainer. Die Stimmen wurden leiser und mit ein wenig gutem Zureden zogen alle Schüler und Lehrer die Klettergurte an. Es folgten kurze Beschreibungen der Aufgaben und die unerwartet unproblematische Einteilung in Teams.
Irgendwann in dieser Phase scheint eine Art charakterlicher Metamorphose statt gefunden zu haben. Aus Mittelfingern wurden helfende Hände, aus Pöbeleien wurde gegenseitiges Anfeuern. Auch der persönliche Mut einzelner Schüler läßt mich nur staunen. Fast alle steigen auf den 9 Meter hohen Pamper Pole und richten sich auf, wagen anschließend den Sprung in die Tiefe. Keiner macht sich über andere lustig! Die Lehrerin hat selbst erhebliche Probleme im Umgang mit der Höhe. Schüler helfen ihr tatkräftig und entschlossen beim Bewältigen schwerer Aufgaben.
Hat ein Hochseilgarten kathetische Wirkung auf persönliche Unzulänglichkeiten - die Begeisterung ist allseitig.
Alle Hauptschüler sollten Hochseilgarten-Erfahrungen machen, um allen, vor allem sich selbst, zu beweisen, ich bin wer, ich kann was!
(Hochseilgarten-Training einer 9. Hauptschulklasse)

Montag, 11. April 2005

Leistung durch Ehrgeiz

Das war ein Seminartag! Viele Teamübungen, erst am Ende die Einzelküren.
Sie ist ca. 30 Jahre alt, sportlich-kompakt gebaut und hat eine hervorgehobene Funktion in ihrer Gruppe. An der Kletterwand meldet sie sich fürs erste Team. Der Anfang ist schwer - das muss sie jetzt schmerzhaft erfahren. Alle Folgeteams haben es leichter, konnten aus den Fehlern der Vorgänger lernen. Die ersten aber nicht - und sie müssen aufgeben. Die Enttäuschung in ihrem Gesicht ist echt.
Dann die zweite Übung, die Teamwippe. Sehr hoch, sehr wackelig. Doch diesmal ist sie vorsichtiger, läßt anderen den Vortritt. Zuschauen und lernen. Dann ihr Einsatz. Den höchsten Punkt erreicht sie, die Zähne mahlen. Bein rüber und aufrichten. Sie kapituliert, wird abgeseilt. Die Tränen laufen, vor Scham, vor Enttäuschung - sie zieht sich zurück. Auf meine Frage an die Kollegen, ob sich jemand um sie kümmert, winken die ab: "Die braucht keine Hilfe.."
Am Nachmittag dann der Selbstsicherungsbereich, man ist auf sich gestellt. Aber immer auf der Bühne, denn alle sehen zu.
Sie startet als Vorletzte, kämpft, läßt sich von mir helfen - und gewinnt. Während andere schon im Windschutz am rettenden Boden sitzten, bewältigt sie Übung um Übung, leistet mehr als alle anderen.
Den heutigen Kampf um Selbstachtung und Anerkennung hat sie gewonnen!
(Seminartag im Hochseilgarten aus Trainerperspektive)

Höhenflug

Vertikale Grenzerfahrungen auf einem Hochseilgarten

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