Lernwerkstatt

Montag, 27. Juni 2005

Bilder leben - Bild erleben

Die Strecke von unserem Wohnort bis zum Strand unserer Wahl beträgt 294 km, die Fahrtzeit 2 Stunden 48 Minuten. Es ist Nachmittag und das Wetter bei der Abfahrt ist bewölkt, die Temperatur liegt bei 26°C, der Wind weht leicht von Südwest. Die Entourage besteht aus zwei Grundschulkindern und einem männlichen Erwachsenen mittleren Alters, alle verwandt und von stabil guter gesundheitlicher Konstitution. 32 km nach Fahrtantritt setzt Niederschlag ein, teilweise ergiebig. Die Temperatur fällt auf 17°C. Die jüngeren Fahrtteilnehmer artikulieren Bedenken in Bezug auf den erwarteten Westküsten-Sonnenuntergang, doch die Zuversicht des Erwachsenen bleibt unerschüttert. Nach 1 Stunde und 28 Minuten ändert sich die Fahrtrichtung von Nord auf Westnordwest, der Niederschlag ist gleichbleibend. Eine halbe Stunde später, keine 60 km vom Zielort entfernt, entdecken alle Teilnehmer fast zeitgleich den sich erhellenden westlichen Horizont. Dies wird von allen, besonders aber den Infanten, als positives Signal bezüglich des erwarteten Verlaufs der Unternehmung gewertet und gereicht dem Erwachsenen zum Anlaß, ein leicht alkoholhaltiges Getränk zu konsumieren. Beim Eintreffen am Zielort hat sich die Wolkendecke vollständig gen Osten verzogen, die Sonne scheint in einem niedrigen Winkel auf trockenen Boden. Die Temperatur liegt bei über 20°C, der westliche Wind ist aufgefrischt. Beim Passieren des Dünengürtels ist Flugsand in Bewegung, die Höhe der Wellendünung beträgt ca. einen Meter. Der niedrige Einstrahlungswinkel der Sonne, der wehende Sand, die Gischt der Wellen, die Geräusche der Brandung und der über 15 km weit reichende Blick über den 200 m breiten Strand bilden eine Komposition, die zu intensiven emotionalen Empfindungen der Teilnehmer führt.

Es ist ein heißer und stickiger Tag, darum fahren wir erst am Nachmittag los. Ich bin getrieben von einer Vision von feinstem Nordseestrandleben. Es gelingt mir, den Kindern ein Bild in die Köpfe zu zaubern von einer im Meer versinkenden Sonne, von großen, tosend brechenden Wellen, die ihren Ursprung an den Küsten ferner Welten haben. Von haushohen Dünen mit windgeschützten Mulden, in denen wir schlafen werden, nur umgeben von romantisch wilder Natur. Dann beginnt schon nach kurzer Fahrt der Regen. Ich bin innerlich fassungslos. Nach drei Wochen Hitzewelle muss es ausgerechnet an diesem besonderen Tag schütten wie aus Eimern. Die Kids murren, meine Tochter tröstet mich sogar, mein Sohn erwähnt beiläufig seine heimische PlayStation. Da fällt mir schlagartig dieses Mysterium mit dem Wetter und der Westküste ein und meine Zuversicht ist wieder da. „Ihr werdet euch wundern, denn da, wo wir hinfahren, scheint die Sonne!“ Ich ernte Unglauben, aber meine Entschlossenheit beendet jede Widerrede. Noch eine halbe Stunde hat mein Traum Zeit um wahr zu werden. Und da passiert es: Der Schalter von nass auf trocken wird von Geisterhand umgelegt und Richtung Küste schauen wir ungläubig auf den roten Sonnenhimmel. Ich bekomme plötzlich großen Durst.
Noch wenige Sekunden, dann haben wir freien Blick auf den Strand. Keiner sagt was, wir lauschen auf das magische Donnern der Brandung. Die Sonne steht so tief, dass sich uns ein wahrhaft überirdisch schönes Schauspiel bietet. Es ist warm, der Sand weht über den Dünen, die Wellen brechen mit weissen Kämmen. Der Blick reicht bis in die Unendlichkeit. Ergriffen nehmen wir den Augenblick in uns auf, die Bilder brennen sich in unsere Seelen.

Dienstag, 14. Juni 2005

Lernwerkstatt: Nachdenken über ein Zitat.

„Sobald wir wahrnehmen, gestalten wir auch.“

Meine Augen sind verbunden. Alles schwarz. Jemand führt meine Hand zu einer kalten, glitschigen, weichen, aber irgendwie auch rauen Oberfläche. Sowie der haptische Reiz einsetzt, startet in meinen Kopf ein Feuerwerk von Bildern, versucht mein Gehirn eine Zuordnung des Gefühlten. Habe ich das schon einmal gefühlt, ertastet? Welches Bild passt? Uaah! Ein Fisch!
Der beschriebene Prozess läuft automatisch und funktioniert bei einzelnen Reizen genauso wie bei komplexen Sinneswahrnehmungen. Z. B. der Wahrnehmung von Schülern. Dem dunkelhaarigen Jungen mit dem schlanken Körper, dem ernsten, fein geschnittenen Gesichtszügen sprechen wir spontan größere Leistungspotentiale zu, als dem adipösen, blassen Mädchen mit den eng stehenden Augen.
Bei all diesen Vorgängen befolgt das menschliche Gehirn die Regeln größtmöglicher Effizienz. Um nicht jede Sinneswahrnehmung als neue Information aufzunehmen und mit einem neuen affektiven Kontext abspeichern, vergleicht es die Reize mit schon Erlebtem. Das birgt eine Reihe von Vorteilen: Erstens werden Informationen so nicht doppelt angelegt, zweitens müssen Erfahrungen nicht jedes Mal neu gemacht werden. Beispiel: Wenn Feuer bei zu wenig Abstand Schmerz bereitet, stellt eine rot glühende Herdplatte ebenfalls eine Gefahr dar.
Die Nachteile liegen ebenso auf der Hand: Der oben beschriebene Schüler ist nicht unbedingt leistungsfähiger als das adipöse Mädchen. Es entstehen leicht Vorurteile oder das berühmte Schubladendenken. Verhindern lässt sich das naturgemäß zwar nicht, aber ein kritischer Umgang mit ‚schnellen Bildern’ ist für alle Menschen wünschenswert.

Montag, 13. Juni 2005

Preisrätsel der Lernwerkstatt

Was schafft sich ein werdender Lehrer als erstes an?

Meine Antwort: Ein dickes Fell! Der Schulalltag ist geprägt von kleinen und größeren Rückschlagen in verschiedenen Bereichen. In den Klassen wird der Lehrer konfrontiert mit Grenzen bestimmenden Konflikten zwischen sich und den Schülern. Dann zeigt sich schnell, dass sich fachliche Ziele ebenfalls nicht so leicht und schnell erreichen lassen, wie das Studium hoffen ließ. Dann das Kollegium. Erfahrende Kollegen, die mit Tatkraft und Hingabe sich der Probleme des Neuen in freundschaftlicher Weise annehmen.. Denkste! Ein zwischenmenschliches Minenfeld mit allem was dazu gehört.
Jetzt heißt es den Idealismus zu bewahren, nicht den Mut zu verlieren, nicht zu resignieren. Kurz: Ein Lehrer sollte sich im positivsten Sinne ein dickes Fell anschaffen.

Montag, 6. Juni 2005

Anmerkungen zu netschool.de

Im Rahmen des Seminars 'Lernwerkstatt' habe ich die Website netschool.de erkundet. Hier kommen meine Gedanken zunächst zu formalen Aspekten.
Die Seite wird befriedigend schnell geladen, die Illustrationen sind nett, aber auf 'Schüler-haben-das-ohne-Anleitung-geschafft'- Niveau. Ist man kein registriertes Mitglied, dann muss man erstmal den Eingang finden. Ach ja, die Tür. Jetzt wird es richtig bunt. Links die Schulfächer im Überblick, aber bisher kaum mit Inhalten gefüllt. Darüber ein Link zum Wissenspool 'Denken-Lernen- Selbstlernen'. Rechts gibt es dann noch eine Menüspalte mit anderem Hintergrund zu Themen wie 'Aktuelles'. Klickt man die Schulfächer an, stellen sich die Seiten mit Themen-affinen Hintergründen dar. Die Texte sind in verschiedenen Farben angelegt und anstrengend zu lesen. Texte am Bildschirm zu lesen, ist ohnehin eine Herausforderung. Aber lange, bunte Texte auf irritierenden Hintergründen (Verläufe, Gestaltungen etc.) sind unzumutbar. Auf der 'Sport'-Seite erfährt dieses Konzept aber noch eine Steigerung: Ein animiertes GIF (Fußball) unterhält den geneigten Betrachter bzw. hält ihn von der Lektüre ab. Das ist ungefähr so wie im Kino Hausaufgaben zu machen.
Das Konzept 'Alles-auf-einmal-aber-bunt' setzt sich auch im Wissenspool fort.
Inhaltlich kann man zu den Schulfächern nicht viel sagen, da hier wenig oder kein Content hinterlegt ist. Na gut, das Projekt soll ja noch wachsen, scheint sich aber eher in einer Wachstumspause zu befinden. Denn das Aktualisierungsbarometer auf der Homepage teilt uns mit, dass seit drei Monaten keine neuen Inhalte mehr hinzugekommen sind. Kämpft man sich durch den Wissenspool, erhält man Zugang zu gesammeltem Wissen aus Lexika und anderen Websites.
Mein Gesamturteil: Mir hilft diese Site nicht.

Montag, 30. Mai 2005

Kriterien für guten Unterricht bzw. ein gutes Referat

Das erste, was mir bei einem Lehrer oder Referenten auffällt, ist, ob er sich in der Situation, in der er sich befindet, wohl fühlt. Wie sieht die Person aus und wie wirkt sie, so ganz allein ganz vorn? Zittert das A4 große Unterrichtsskript sichtbar in den Händen? Sind die Gesichtszüge entspannt und gelassen oder aber eine Maske der Anspannung? Wohin blicken die Augen? Wirkt der Blick gehetzt oder entspannt? Wandern die Augen interessiert durchs Publikum, ruhen immer wieder auf einzelnen Personen, scheinen stumme persönliche Begrüßungen auszusprechen? Wo ist das Lächeln, die sichtbare (Vor-)Freude auf das, was jetzt kommt? Was verrät die Körperhaltung? Bietet der Körper wenig Angriffsfläche, die Schultern sind vorn, der Kopf ist eingezogen, alles ist auf Abwehr eingestellt? Wie ist der Stand? Beidbeinig, mit sicheren Bewegungen oder tippelt der Vortragende hin und her, verwindet die Beine, steht einfach nicht still? Solchen Menschen sagt man nach, sie hätte keinen 'Standpunkt'.
Dann die Stimme und die ersten Sätze - jetzt werden die Weichen fast schon endgültig gestellt. Paßt die Stimme zur Person? Zittert die Stimme? Wie ist die Intonation, die Art der Begrüßung, die Einleitung und die Vorstellung des Themas?
Zu diesem Zeitpunkt, nach wenigen Minuten schon, ist das Profil des Referenten bereits geformt, alles was jetzt noch kommt, sind Korrekturen dieses ersten Bildes.

Dann das Inhaltliche und Methodische: Handelt es sich um einen reinen Vortrag, sollten wenigstens mehrere Eingangskanäle des Publikums bedient werden (Bild, Ton, Film, haptische Reize). Sinnvoller ist aber eine regelmäßige Interaktion mit dem Publikum. Das hält wach und regt zum Mitdenken an. Noch besser sind Lehrmethoden wie Gruppenarbeiten, Projekte oder erfahrendes Lernen durch Erlebnisse, da hier Sachinformationen in engem Zusammenspiel mit Gefühlen gelernt werden. Auch Spaß spielt aus diesem Grund ein wichtige Rolle beim Lernen.
Da die meisten Referenten und Lehrer ihre Vortrags- oder Lernziele aber in einen engen Rahmen namens Praktikabilität (Zeit, Aufwand, Größe der Lerngruppe etc.) zwängen müssen, gewinnt die Persönlichkeit des Vortragenden noch mehr an Bedeutung.
Denn: Ein guter Referent oder Lehrer kann auch dem langweiligsten Thema durch seine Persönlichkeit ein wenig Glanz und Relevanz verleihen. Leider behält diese Regel auch im umgekehrten Fall ihre Gültigkeit.

(sinnieren über guten Unterricht im Rahmen der 'Lernwerkstatt' an der Uni Flensburg)

Montag, 9. Mai 2005

Der Gipfel des Berges der Jugend

Das Leben trug mich auf seinen Schwingen zum Gipfel des Berges der Jugend. Dort erhielt ich einen Wink, drehte mich um und erblickte eine seltsame Stadt. Über den Hütten der Stadt stieg Rauch auf, der sich langsam weg bewegte. Der Rauch sah aus wie Phantome. Eine dünne Wolkenschicht verdeckte den Blick auf die Stadt und machte mich für einen kurzen Augenblick sprachlos. Ich schrie die Frage: "Was ist das Geheimnis des Lebens?" Rest fehlt.. ;-))

Erkenntnisse des 3. Mai 2005

Erkenntnis 1: Sachverhalte in Bildform zu transskribieren erfordert Übung und erscheint mir persönlich bis jetzt recht wesensfremd.

Erkenntnis 2: Besonders abstrakte Begriffe wie Jugend, Leben u. ä. stellen meine Spontanität, Phantasie und zeichnerischen Fähigkeiten schwer auf die Probe.

Vision: Ich erwarte nach weiteren Übungen, dass es 'KLICK' macht und ein großer Entwicklungsschub statt findet.

Frontalunterricht

Der Begriff Frontalunterricht beschreibt eine Unterrichtsform, bei der der Lehrer vor der Klasse (face-to-group) positioniert ist und durch Lehrervortrag oder interaktiv mit den Schülern agiert. Bewertung: Frontalunterricht gilt in der Lehrerausbildung als verpönt, dominiert aber den späteren Unterrichtsalltag.

Höhenflug

Vertikale Grenzerfahrungen auf einem Hochseilgarten

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